Der Biedermeier StilDie von 1815 bis 1848 im deutschsprachigen Raum währende Biedermeier-Zeit hat einen besonderen Einrichtungsstil kreiert, der den sich vor allem an aristokratisch-höfischen Vorgaben orientierenden Stil des Empire ablöste und ausdrücklich ein bürgerliches Selbstverständnis zum Ausdruck brachte, wie es in dieser Breite vorher noch nie zu beobachten war.

Geschichtlicher Hintergrund

Diese besondere Betonung des Bürgerlichen steht in Verbindung mit den politischen Entwicklungen in der auf die Napoleonische Ära folgenden Zeit. Durch den Wiener Kongress 1814/15 versuchten die monarchischen Regierungen in Europa an Staatsideen anzuknüpfen, die denen der vorrevolutionären Zeit vor 1789 entsprachen. Der Versuch, den Feudalismus unter Zurückdrängung demokratischer Forderungen aus Reihen des wirtschaftlich zunehmend an Bedeutung gewinnenden Bürgertums zu restaurieren, gab der Epoche ihren politisch besetzten Namen: „Restaurationszeit“. Gebräuchlich ist auch die Bezeichnung „Vormärz“, durch die auf die am Ende der Epoche stehende bürgerliche März-Revolution von 1848/49 Bezug genommen wird. Den restaurativen Kräften, für die als bekannteste Beispiel der österreichische Staatskanzler Metternich stellvertretend zu nennen ist, gelang es tatsächlich mit polizeistaatlichen Methoden, Freiheits-, National- und Demokratie-Bewegungen im Bereich des neben Österreich und Preußen annähernd 40 mittlere, kleine und kleinste Monarchien umfassenden Deutschen Bundes weitgehend zu unterdrücken.

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Die Folge war der Rückzug der Masse der Bürger in das nichtöffentliche Private, wenn auch kleinere Gruppen und Einzelpersönlichkeiten politisch aktiv waren und als eine Art Avantgarde trotz zahlreicher Rückschläge zumindest Teilerfolge auf den Weg zu verfassungsstaatlichen Verhältnissen und parlamentarischer Bürgerbeteiligung verbuchen konnten.

Biedermeier als Epochenbegriff

Der Begriff „Biedermeier“ geht, wahrscheinlich, auf die literarische Figur „Gottlieb Biedermaier“ zurück. Diese fiktive Gestalt tauchte 1855 erstmals in den satirischen „Fliegenden Blättern“ auf und stellte einen treuherzigen und spießbürgerlichen Lehrer dar, der rasch zu Verkörperung von kleinbürgerlich-beschränkter Weltsicht und Lebenshaltung wurde. Schließlich wurde der Name des Idealtypus „Herr Biedermaier“ (ab den 1860er Jahren: „Biedermeier“) für die gesamte Epoche verwendet.

War der Begriff zunächst noch politisch abwertend gemeint, veränderte sich die Bedeutung Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem wertneutralen Begriff für eine Kulturepoche, in der kleinbürgerliche Häuslichkeit und Bescheidenheit stilbildend waren. Mit dem Biedermeier Stil wurden neben Literatur, Musik und Malerei auch die Kleider-Mode und ganz besonders auch Möbel und sonstige Inneneinrichtung verbunden. Als Stil-Bezeichnung tauchte der Begriff „Biedermeier“ zuerst im Zusammenhang mit Möbelkunst auf.

Weitere Hintergründe zur Epoche und der Entstehung des Biedermeier Stils gibt es in diesem Video des Bayerischen Rundfunks.

Vereinfachung des Empire Stils durch den Biedermeier Stil

Die vorübergehende allgemeine Schwächung der Finanzkraft als Folge der wirtschaftlichen Krisen nach 1815 führte zunächst aus Kostengründen sowohl zu einer Vereinfachung der aufwendigen, also teuren, klassizistischen Vorgaben des Empires, als auch zu einer Abkehr von der Verarbeitung kostspieliger Tropenhölzer. Statt Mahagoni wurden Möbel vorzugsweise aus einheimischem Obstbaumholz (u. a. Kirsche, Walnuss, Birne) gefertigt. Beliebt waren ferner auch hellere Holzarten wie Birke oder Ahorn. Ebenholzintarsien oder andere Formen ornamentalen Schmucks verloren in bürgerlichen Kreisen in bewusster Absetzung zum Adel massiv an Bedeutung.

Sofa im BiedermeierBeim Biedermeier Stil wird das Dekor der Möbel-Schauseiten vor allem durch die Hervorhebung der sorgfältig polierten Maserung des Holzes bestimmt. Die Möbeltischler und -künstler der Biedermeierzeit schufen neben Schränken, Betten, Tischen und Sitzmöbeln (Sofas, Kanapées, Fauteuils, Sessel, Stühle) in besonderer Weise für den Biedermeier Stil stehende Kleinmöbel (u. a. Sekretäre, Etageren, Nähtische, Fußschemel). Neu entwickelte Möbeltypen waren die Vitrine und die ihr ähnelnde Servante.

Gebrauchstüchtigkeit stand im Vordergrund

Die einzelnen Möbelstücke im Biedermeier Stil dienten nicht mehr wie beim Empire in erster Linie der Repräsentation, sondern sollten dem bürgerlichen Nützlichkeits-Ethos entsprechend vor allem dem Alltagsgebrauch dienen, durften dabei aber ausdrücklich auch von bescheidener Anmut sein. Besonders deutlich wurde dieses Konzept bei der Kommode mit ihrer schlicht-eleganten Linienführung als kubischer Block und ihrer funktionellen, häufig raffiniert ausgeklügelten, Einteilung der Schubladen. Die Möbel standen in Harmonie mit der sonstigen Inneneinrichtung. Der Biedermeierzeit-Bürger fühlte sich in schlichten Räumen mit freundlich-hellen Wandanstrichen oder, seltener, mit relativ teuren, einfach gemusterten Tapeten wohl. Wandbilder waren sehr beliebt, Teppiche dagegen kaum verbreitet. Die in der Regel wenigen Möbel einer Wohnung waren vergleichsweise niedrig und eher vertikal als horizontal ausgerichtet.

Typisch für die leicht ausschwingende Linienführung bei vielen der sowohl von funktioneller Einfachheit wie von zurückhaltender Anmut charakterisierten Möbel im Biedermeier Stil sind drei Stilelemente: Die Lyra-Form, das Füllhorn und der Schwanenhals.

Bidermeier Stil heute

Sekretär antikHeute liegen antike Möbel im Used-Look und im Biedermeier Stil wieder voll im Trend. Insbesondere Sekretäre und Kommoden in diesem Stil sind beliebte Möbelstücke. Hintergrund für die Aktualität des Einrichtungsstils ist das Phänomen des „Cocooning“. Man möchte es sich in anbetracht der oft harten Außenwelt in den eigenen vier Wänden ganz besonders gemütlich machen. Auch das Internet haben die Biedermeier Möbel inzwischen erreicht, die man über spezialisierte Anbieter wie http://www.antik-held.de/ bestellen kann.

Dekorative Einfachheit führte zur Zeitlosigkeit

Zurückhaltung beim Dekor, unaufdringlich elegante Funktionalität und nicht zuletzt Abmessungen, die auf die zumeist beengten Wohnverhältnisse in der durchschnittlichen Bürgerwelt im Vormärz zugeschnitten waren, ließen Möbel im Biedermeier Stil auch nach 1848 stets wertgeschätzt bleiben. Möbel im Biedermeier Stil lassen sich auch in einer modernen Wohnung konfliktlos mit Stilen des 20. und 21. Jahrhunderts kombinieren. Die stilreinsten Möbel im Biedermeier Stil wurden in den 1820er und 1830er Jahren hergestellt. Danach begannen die Formen wieder üppiger zu werden und kündigten bereits das Aufkommen der „Zweites Rokoko“ genannten nächsten Möbelstilepoche an.

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